Gebärdendolmetschen bei Konferenzen
Gebärdendolmetschen
Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetscher dolmetschen zwischen einer gesprochenen Sprache und einer Gebärdensprache oder zwischen zwei Gebärdensprachen. Bei Konferenzen arbeiten sie, je nach Programmdauer und -intensität, zu zweit oder mit mehreren Kollegen in Sprachteams. Erfordert das Programm Verdolmetschungen während der Pausen oder bei sozialen Aktivitäten, werden zusätzliche Gebärdendolmetscher eingesetzt.
Die Gebärdendolmetscherin bzw. der Gebärdendolmetscher steht während der Konferenz oder der Veranstaltung neben den Rednern mit dem Gesicht zum Publikum. Die gehörlose Person hat dadurch eine gute Sicht auf die Redner, die Leinwand und die Dolmetscherin bzw. den Dolmetscher.
Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetscher wechseln sich im Team ungefähr alle 15 Minuten ab. Die dolmetschende Person wird von der zweiten Person unterstützt, die zum Beispiel auf die Genauigkeit der Verdolmetschung achtet, auf Missverständnisse oder Auslassungen hinweist und zusätzliche sprachliche Informationen gibt, die die dolmetschende Person nicht sehen oder hören konnte.
Gedolmetscht wird von einer gesprochenen Sprache in eine Gebärdensprache, zum Beispiel aus der französischen Lautsprache in die französische Gebärdensprache, und umgekehrt aus einer Gebärdensprache in eine gesprochene Sprache, wie etwa aus der deutschen Gebärdensprache in die deutsche Lautsprache. Die Verdolmetschung kann aber auch zwischen zwei Gebärdensprachen erfolgen.
Im Zuge der Globalisierung arbeiten Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetscher oft mit einer zusätzlichen Sprache, in der sie nicht ausgebildet wurden. So kann es vorkommen, dass Dolmetscher, die ursprünglich für die englische und französische Gebärdensprache ausgebildet wurden, später auch in die niederländische Gebärdensprache dolmetschen.
Europa- und weltweit werden vermehrt internationale Gebärdensprachdienste in Anspruch genommen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn unterschiedliche Gebärdensprachen zum Einsatz kommen. International tätige Gebärdendolmetscher/innen benötigen besondere Fähigkeiten.
Hierzu ein interessanter Beitrag von der Tagung „100 Jahre Konferenzdolmetschen“ in Genf 2019:
Wichtig ist, dass man sich vor Buchung der Dolmetschleistung immer bei den Personen, die eine Gebärdenverdolmetschung benötigen, erkundigt, welche Gebärdensprache sie verstehen, und in welcher sie gerne kommunizieren möchten. Dolmetscherinnen und Dolmetscher können dann entsprechend gebucht werden.
Damit alle gleichermaßen und erfolgreich an der Veranstaltung teilnehmen können, sind mehrere Dinge zu beachten: Programm, Ablaufplan und Inhalt der Veranstaltung sollten den Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetschern vorliegen. Sie benötigen für die Vorbereitung auf die Konferenz nämlich dieselben Unterlagen wie Lautsprachdolmetscherinnen und -dolmetscher. Print- oder Onlinematerial sollte möglichst früh vorliegen, da die Gebärdendolmetscherin bzw. der -dolmetscher Informationen nicht gleichzeitig nachlesen und dolmetschen kann. Daher müssen sie genügend Zeit für die Vorbereitung einplanen, um sich mit dem Inhalt vertraut zu machen.
Informationen zu zusätzlichen technischen Anforderungen und zur richtigen Positionierung der Dolmetscherin bzw. des Dolmetschers, z. B. für ein reibungsloses Web-Streaming der Gebärdenverdolmetschung, finden sich in den AIIC-Leitlinien.
AIIC-Leitlinien zur Positionierung der Gebärdendolmetscher, einschließlich Webstreaming
AIIC-Leitlinien für Lautsprachendolmetscher, die mit Gebärdendolmetschern in einem Team arbeiten
Informationen zum Gebärdendolmetschen bei Behörden und vor Gericht
Berufsverbände
EFSLI - Europäischer Gebärdensprachdolmetscherverband
Dem EFSLI gehören nationale und regionale Verbände sowie Einzelmitglieder und außerordentliche Mitglieder an.
WASLI - Weltverband der Gebärdensprachdolmetscher
Der WASLI vereint Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetscher aus aller Welt. Er will den Berufsstand Gebärdensprachdolmetschen weiter voranbringen. Dem Verband kann man sowohl als Einzelpersonen als auch über die nationalen Verbände beitreten.
Veranstaltungen
Am 26. Januar 2021 fand die Abschlussveranstaltung des Internationalen Mentoring-Programms „Gebärdendolmetschen“ im Online-Format statt. Sie trug den Titel „Accessibility through sign language interpreting“ (Barrierefreiheit per Gebärdendolmetschen), wurde aufgezeichnet und ist abrufbar unter: link. Vorträge kamen von Seiten der Kommission, der Europäischen Union der Gehörlosen (EUD) und ihrer Jugendabteilung (EUDY) sowie von Gebärdendolmetscher/inne/n. Nachstehend können Sie die Tagesordnung und die einzelnen Vorträge herunterladen. Dieses Video wurde bei der Veranstaltung von Sandra Schügerl, Übersetzerin und Dolmetscherin von Texten und Videos, gezeigt.